Aus der kleinen Dorfschule zur modernen Grundschule
Die Grundsteinlegung für den Anbau findet am 31. August 1970 statt. Anwesend sind Vertreter des Elternrats, des Schulvereins,
Frau Elisabeth Osterloh als Ehrengast u.a., die Handwerker, vom Kollegium Frau Heinen, Frau Dänisch, Frau Havekost und
Herr Wreesmann, die Schulbesorgerin Frau Harbers und 100 Kinder.
Zwei Flaschen mit Wünschen, Berichten und Namen der Klassen sowie vier Steine mit Wünschen des Kollegiums werden
eingemauert. Wie wichtig der neue Anbau und insbesondere seine Sanitäranlagen für die Schule sind, unterstreicht Erich Küpker,
Elternratsvorsitzender und ehemaliger Schüler, in seiner Rede:
,,Die Grundsteinlegung am heutigen Tage ist ein Zeichen dafür, dass unsere Schule in Wechloy nun doch nicht bei den
zuständigen Stellen in Vergessenheit geraten ist. Durch die Bevölkerungszunahme ist trotz ,,Rückstufung" in eine reine
Grundschule der Anbau eines vierten Klassenraumes notwendig geworden. [...]
Besonders erfreut sind wir darüber, dass endlich die sanitären Anlagen dem mitteleuropäischen Standard angepasst werden.
Vermutlich ist das die erste diesbezügliche Verbesserung seit Errichtung der Schule 1914.
Ich habe nicht nachgeforscht, wieviel Eingaben seitens der Lehrkräfte und der Eltern erforderlich waren, um diesen Anbau
genehmigt zu bekommen. Ein Hauptanliegen des Elternrates erledigt sich damit!
Die äußeren Dinge werden nunmehr so gestaltet, dass ein angemessener und fröhlicher Schulbetrieb hier möglich ist.
Immerhin wird unsere Schule Wechloy ja - sofern die Gründung der Universität Oldenburg in Wechloy Tatsache wird -
die ,,erste" Grundstufe für den Besuch dieses künftigen Nachbarinstituts. Als Vertreter der Elternschaft darf ich jedenfalls
dem Bau Standfestigkeit, den Kindern darin Freude am Lernen wünschen."
[ ... ]
Jan 4. Klasse, beschreibt das große Ereignis wie folgt:
Die Schule bekam einen Anbau. Als wir das Richtfest gefeiert haben, haben wir die Richtkrone den Maurern gegeben.
Sie setzten sie auf einen Stock und nagelten sie oben fest. Dann sagte ein Maurer einen Vers auf und trank danach Schnaps.
Er klopfte mit dem Hammer dreimal auf einen Balken, sagte wieder einen Vers und trank noch einmal Schnaps. Nun sagte
der Maurer: ,,Die Flasche ist leer und nutzt uns nichts mehr!!! " Da schlug er sie kaputt, indem er den Hammer in einen
Balken schlug und die Flasche darauf warf. Dann gingen wir hinein. Zuerst die erste Klasse, dann die zweite, dritte, vierte
und wir setzten uns hin. Die vierte Klasse blieb auf dem Flur. Dann aßen wir Würstchen und ein Brötchen. Zu trinken kriegten
wir Sprudel. So feierten wir fröhlich weiter-
Anke 4. Klasse, fügt hinzu:
Wir sangen Lieder und sagten Gedichte auf. Und dann kam das Schönste: Wir bekamen einen Becher Sprudel, ein Würstchen
und ein Brötchen. Nachher, wie Schulschluss war, bekamen wir nicht einmal Hausaufgaben auf. Das war der schönste Tag in
drei Jahren."
Doris Schröder eingeschult 1970, beschreibt das Schulleben Anfang der 1970er Jahre:
,,Mein Schulweg zur Einschulung führte vom Drögen-Hasen-Weg zum Tegelbusch, wo meine Freundin wohnte, und dann an
der Arnmerländer Heerstraße entlang. Leider waren meine Freundin Hildegard und ich die einzigen aus diesem Teil von
Wechloy, die 1970 eingeschult wurden und den Schulweg gemeinsam gegangen oder gefahren sind. Bis 1974 gab es eine
Verbindung vom Bauemhof Schröder am Drögen-Hasen-Weg 200 bis zum Tegelbusch. Mit dem Bau der Autobahn von Leer
nach Oldenburg ist diese Verbindung verbaut worden. Nachdem ich Hildegard am Tegelbusch abgeholt hatte, sind wir bis zur
Ammerländer Heerstraße geradelt. Da diese Straße Anfang der Siebziger Jahre ausgebaut wurde, haben wir monatelang unsere
Fahrräder geschoben, um die Baustelle zu passieren. Den Hinweg haben wir ohne Aufenthalte bewältigt, auf dem Rückweg
haben wir im Frühling öfter eine Pause eingelegt, um bei einem verlassenen Bauernhaus (dort wo sich heute das leerstehende
Gebäude von Bahr befindet) Wiesenblumen zu pflücken. Nebenan wohnte Familie Schoon. Dazwischen lag eine Grünfläche mit
viel Wiesenschaumkraut (auch Kuckucksblume genannt). Wir haben oft getrödelt und sind nicht umgehend nach Hause gelaufen
bzw. gefahren.
Der Autobahnbau in 1974 war für die Wechloyer Kinder eine spannende Zeit. Die Autobahn wurde mit gelbem Sand aufgeschüttet
und für einige Wochen und Monate war das ein ideales Spielgelände. Wechloy wurde allerdings dadurch geteilt und die
Anwohner waren nicht gerade froh über den Bau und den damit verbundenen Lärm und die Abgase. Eine Lärmschutzwand zum
Tegelbusch bis an die Grenze der Bebauung hat diese Beeinträchtigung nur bedingt gemildert. Die Autobahnbrücke
am Drögen-Hasen-Weg ist aus Versehen dorthin gesetzt worden. Die viel zu breite Brücke sollte eigentlich an der Bloher Landstraße
aufgestellt werden. Ein Versehen, das nicht wieder rückgängig gemacht werden konnte. Konnten früher dort die Erntewagen mit
Heu und Stroh von Familie Schröder zwischen geparkt werden, wenn das Wetter mal nicht so mitspielte, so parken heute leider
viele Autofahrer dort, um ihr Essen von McDonald dort zu verspeisen und oft den Müll dort einfach wegzuwerfen.
In der Schule gab es jahrzehntelang Schulmilch in der großen Pause. Jede Woche wurden zwei Kinder eingeteilt, die die Kisten
mit Kakao und Milch der Oldenburger Molkerei an der Bloherfelder Straße (heute als ,,Alte Molkerei" bekannt) unter der
Marke IGEMO in die Schule tragen mussten. Am Ende des Flures vor dem Lehrerzimmer auf der linken Seite gab es einen
Wärmeschrank. Im Winter mussten dann die Kisten in diesen Schrank gestellt werden und der Schrank rechtzeitig eingeschaltet
werden, damit die Kinder, die sich die Milch oder den Kakao bestellt hatten, diesen in der großen Pause warm trinken konnten.
Das ganze wurde unter Umständen bezuschusst, das erinnere ich nicht mehr so genau. Aber jede Woche haben wir ,,Kakaogeld"
bezahlt. Später wurde das aufgegeben. Heute werden z.T. wieder solche Aktionen angedacht und an einigen Schulen oder
Kindergärten aufgenommen, damit die Schüler einmal am Tag Milch, Milchprodukte oder Obst als eine "gesunde Pausenmahlzeit"
zu sich nehmen. Aber die Molkereien füllen ihre Produkte oft nicht mehr in solch kleinen Packungsgrößen ab bzw. liefern so
geringe Mengen aus.
Als ich im Sommer 1974 aus der kleinen Schule mit Herz entlassen wurde, standen die Kinder der unteren Klassen und die
Lehrerschaft in den Fluren Spalier und sangen im Kanon ,,Viel Glück und viel Segen auf all deinen Wegen". Das war ein sehr
emotionaler Abschied, wo auch die eine oder andere Träne floss, wusste doch niemand von uns, was ihn nach 4 Jahren auf der
kleinen, überschaubaren Grundschule mit Herz erwartete. Unser Jahrgang war der erste Jahrgang mit Orientierungsstufe, die wir
in Eversten besucht haben. Dort gab es 14 Parallelklassen mit jeweils über 30 Schülern in den Klassen, ein extremer Gegensatz zu
Wechloy, aber auch der Tatsache geschuldet, das der Jahrgang 1964 der geburtenstärkste Jahrgang in Deutschland ist.
An der Abschiedstradition mit dem Spalier der Mitschülerlnnen und dem Singen des Liedes wird auch nach 40 Jahren immer
noch festgehalten und das ist eine schöne Tradition."
|