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Die Haarenniederung und ihre Vogelwelt

In der Spitze dieses Bauernhauses schaut das Uhlenloch wie ein Auge herüber. Von dort aus treten die Schleiereulen, die schon seit vielen Generationen dort hausen, zur Nachtzeit ihre Jagdausflüge an. Es kann vorkommen, daß zur Zeit, wenn die Jungen der Eule noch nicht flügge sind, bei hellichtem Tage die alte Eule auf dem First des Hauses entlang marschiert und fünf bis sechs kleine gelbe Federbällchen vorsichtig hinterhergehen. Das gibt dann ein allerliebstes Bild. Auch die Rauchschwalben hausen unter jenem Dache und fliegen geschäftig den ganzen Tag herum auf der Jagd nach allerhand fliegendem Getier für ihre Jungen, je nach Witterung mal hoch über den Bäumen oder auch tief über die Gräben und Wiesen. Mit ihrem anheimelnden Wesen sind sie in jedem Hause willkommen. Ihre Verwandte, die Turmschwalbe, fehlt hier zum Glück, denn sie würde mit ihrem unsteten, hastigen und lauten Treiben diesen Frieden nur stören.

Am Rand der kleinen Heide, die ihren Namen nicht mehr verdient, da die ursprüngliche Heide inzwischen von kleinen Bäumen verdrängt wurde, erhebt sich die Feldlerche vom Boden, schraubt sich mit flatternden Flügelschlägen höher und höher, dem Auge fast entschwindend, kehrt allmählich zur Ausgangsstellung zurück, senkt sich mehr und mehr und stürzt schließlich mit angezogenen Flügeln wie ein Stein in die Tiefe, wo sie in der Nähe ihr einfaches Nest aus Halmen am Boden erbaute. Während dieser Zeit ließ sie ihren Gesang aus der Höhe erschallen. Doch was steht dort am Graben? Es sieht aus wie ein wunderlich geformter spitzer Pfahl. Neugierig trete ich näher, doch da erhebt sich plötzlich der ,,Pfahl", breitet ein Paar Flügel aus, und fort fliegt der Fischreiher, den ich beim Fischen störte, mit rudernden Flügelschlägen und eingezogenem Kopf, so daß der lange Hals ein liegendes S bildet. Er ist hier gar nicht so selten, hat seinen Horst jedoch in einem weiter entfernten Gehölz in Gemeinschaft seinesgleichen.

Der ihm an Gestalt ähnliche Hausstorch, unser Freund Adebar, hat sich bei uns ziemlich rar gemacht. Man bekommt ihn nur noch selten zu sehen. Gehorstet hat er in Wechloy noch nicht. Meines Wissens jedoch früher auf dem Haus von Bohlken in Bloh und auf einer Eiche beim Ammerländer.

Als ich nun meine Schritte dem Dorf zuwende, kommt noch schnell eine Bachstelze geflogen, wippt mit dem Schwanz, macht höflich ein paar Verbeugungen und sagt zum Abschied: ,,Zih, wih". Auf dem hohen Kamp mit den Äckern vor mir steht hauptsächlich Roggen, der schon so hoch ist, daß sich die Rebhühner in ihm verstecken können und wie ein weiter grüner Teppich im Sonnenschein liegt. Aus dem Gebüsch am Rande des Roggenschlages läßt sich ein Fasan vernehmen. Als ich näher komme, versucht er, sich heimlich in Deckung davonzuschleichen, zeigt hierbei aber gar keine Eile, so daß ich ihn in Ruhe beobachten kann. Es ist ein prachtvoll gefärbter Hahn. Wenn seine ursprüngliche Heimat auch woanderes liegt, so ist er doch nicht mehr hier wegzudenken. Im Schatten eines von Bäumen überwachsenen Feldweges verlasse ich jetzt das Haarengebiet.